Mein beruflicher Werdegang

Erfahrung aus der Verwaltungspraxis

Nach meinem Schulabschluss auf dem Wirtschaftsgymnasium stand für mich die Entscheidung an, zu studieren oder in eine Berufsausbildung zu gehen. Da meine Eltern mich zum damaligen Zeitpunkt nur bedingt unterstützen konnten, entschied ich mich zunächst für eine Berufsausbildung.

Durch eine Zeitungsannonce wurde ich auf ein Angebot der Stadt Frankfurt aufmerksam, die Abiturienten für die so genannte Inspektor- Laufbahn suchte („Diplom – Verwaltungswirt“). Das Angebot und die Vielfältigkeit der Einsatzgebiete in Frankfurt sprachen mich an. Nach einem erfolgreichen Einstellungstest absolvierte ich dann von 1979 bis 1982 meine Ausbildung für den gehobenen nicht technischen Verwaltungsdienst, die ich mit der Gesamtnote „gut“ abschloss.

Die erste Station nach meiner Ausbildung war dann das Kassen- und Steueramt der Stadt Frankfurt, wo ich mit der Veranlagung von Grundsteuern, Müll- und Straßenreinigungsgebühren betraut war. In dieser Zeit habe ich eine Menge über Satzungs- und Gebührenrecht gelernt. Ein Wissen, dass mir gerade jetzt als Gemeindevertreter sehr nützlich und hilfreich ist.

Nach vier Jahren in dieser Tätigkeit wechselte ich 1985 zum Land Hessen in die Flurbereinigungsbehörde nach Hanau. Hier war ich im Bereich der landwirtschaftlichen Förderung und für Umlegungsverfahren z. B. bei großen Straßenbauvorhaben eingesetzt. In dieser Zeit habe ich mich durch ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen in den Bereichen Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft weiterqualifiziert. Dabei habe ich Kenntnisse erworben, die für meinen weiteren Berufsweg sehr wichtig werden sollten.
1989 kehrte ich zur Stadt Frankfurt zurück. Im Bereich Finanzen, in der „Stadtkämmerei“, war ich zunächst im Bereich Rechtsgrundlagenarbeit eingesetzt. Einer der Aufgabenschwerpunkte war dort der kommunale Finanzausgleich – ein Thema, das uns alle im Moment wieder sehr stark beschäftigt.

Nach einem internen Wechsel in die Haushaltsabteilung der Stadtkämmerei vertraute man mir nach kurzer Zeit das so genannte Zentralreferat an, in dem die übergreifenden und koordinierenden Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufstellung und der Ausführung der Haushaltspläne der Stadt Frankfurt angesiedelt waren. Die Übernahme dieser Aufgabe war mit einem Aufstieg in den höheren Verwaltungsdienst und mit Führungsverantwortung in größerem Umfang verbunden.

Im Rahmen dieser Tätigkeit leitete ich dann auch meine ersten größeren Projekte im Zusammenhang mit der Einführung neuer kommunaler Steuerungssysteme. Dieses neue Finanzsystem wird gemeinhin als „Doppik“ bezeichnet. Die Doppik selbst ist aber eigentlich „nur“ das Buchungssystem und ein Teil des kommunalen Finanzsystems. Viel entscheidender als die Buchführung selbst war die Einführung eines Qualitätsmanagements, das erstmals den Fokus im öffentlichen Bereich auf die Leistung lenkte. Neudeutsch vom „Input“ zum „Output“ konnte man nun erkennen, in welchem Umfang und mit welcher Güte der öffentliche Dienst Leistungen erbringt. Als Beispiel sei hier der Bereich Feuerwehr dargestellt: Konnte man in früheren Haushaltsplänen lediglich erkennen, wie viel Geld die Kommune in den Bereich Feuerwehr jährlich investiert, sind heute Aussagen über Hilfsfristerreichungsgrad und damit über die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr Standard. Durch diese Veränderung des Blickwinkels hat sich auch die politische Steuerung verändert. Ich finde, sie hat sich auch entschieden verbessert. Denn zum ersten Mal musste die Verwaltung Rechenschaft über die Qualität ihres Handelns ablegen. Umgekehrt war es nicht mehr möglich, einfach undifferenzierte Budgetkürzungen zu beschließen, ohne sich auf politischer Seite auch mit den Auswirkungen auf Umfang und Inhalt des Leistungsangebots der Verwaltung zu befassen.

Das Generieren von Kennzahlen zur Steuerung und quer über alle Bereiche des kommunalen Handelns hat mir einen sehr weitgehenden und tiefen Einblick in fast alle öffentlichen Themenfelder gebracht.

Parallel zur Einführung des Qualitätsmanagements habe ich in dieser Zeit auch ein Modell zur Flexibilisierung des Haushaltsvollzugs entwickelt. Das Modell ermöglicht den einzelnen Bereichen mit den bereitgestellten Mitteln sparsam und wirtschaftlich umzugehen, indem Mittel eigenverantwortlich umgeschichtet und ersparte Mittel in das folgende Haushaltsjahr übernommen werden können. Unsinnige Beschaffungen zum Ende des Jahres, nur um zu der Politik gegenüber zu beweisen, dass man das Geld auch benötigt („Dezemberfieber“), gehörten damit der Vergangenheit an.

Das Modell wird bis heute in Frankfurt mit Erfolg und großer Akzeptanz der Verwaltungsbereiche und der Politik praktiziert. Seine wesentlichen Bestandteile fanden später Eingang in die Hessische Gemeindehaushaltsverordnung und wurden bindend für alle Hessischen Kommunen.

DSC_4249Im Jahr 2001 wurde ich von dem damaligen Dezernenten Nikolaus Burggraf darauf angesprochen, ob ich mir vorstellen könne, als Verwaltungsleiter zur Berufsfeuerwehr Frankfurt zu wechseln. Die Feuerwehr stand damals vor großen Herausforderungen. Ihre Gebäude waren in einem sehr schlechten Zustand und lagen an Stellen im Stadtgebiet, die einsatztaktisch zum großen Teil ungeeignet waren. Zudem waren die finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt wieder einmal alles andere als gut. Er suchte daher eine Führungskraft, die mit unkonventionellen Methoden und Ideen zu Lösungen kommt.

Das war genau die Art Aufgabe, die mich schon immer angesprochen und gereizt hat. Gemeinsam mit einem Kollegen der Einsatzabteilung entwickelten wir das „Taktische Feuerwehrkonzept 2020“. Meine Aufgabe war es dabei, die Anzahl der Feuerwachen von 7 auf 12 zu erhöhen und die dafür notwendigen Grundstücke und Gebäude zu beschaffen und zu bauen. Außerdem musste die Vorhaltung und Beschaffung von Ausrüstung, Fahrzeugen und feuerwehrtechnischem Gerät auf die neue Struktur angepasst werden. Das hierfür notwendige Investitionsvolumen lag bei rd. 150 Mio. €.

Die Lösung des Problems gelang durch einen völlig neuen Weg. Für den Bau und die Bewirtschaftung der Gebäude wurde eine privatrechtliche Struktur in Form einer Gesellschaft gewählt. Sie ist zu 100% eine Tochter der Stadt. Der Aufsichtsrat wird paritätisch durch Abgeordnete der Stadt besetzt. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist der jeweilige Brandschutzdezernent. Die operative Steuerung der Gesellschaft ist direkt bei der Branddirektion angesiedelt. Insgesamt also eine sehr schlanke Struktur und alle Beteiligten gehören fachlich zum Feuerwehrbereich. Im Gegensatz zu einem rein privaten Investor muss hier nicht mit großem Aufwand erklärt werden, auf was es in dem doch sehr speziellen Feuerwehrbereich ankommt.

Als privatrechtlich organisiertes Unternehmen hat die Gesellschaft aber viel flexiblere Möglichkeiten, am Markt zu agieren. So werden z. B. Architekten- und Fachplanungsleistungen nicht immer wieder neu vergeben. Die Gesellschaft greift stets auf einen kleinen, aber bewährten Kreis von Architekten und Ingenieuren zurück, die die Materie kennen. Dies hilft teure Planungsfehler zu vermeiden.

Der Gesellschaft wurden zunächst die Bestandsgebäude übertragen. Objekte, die für Feuerwehrzwecke nicht oder nicht mehr infrage kamen und kommen, werden vermarktet. Dabei werden Grundstücke auch selbst, z. b. für den Wohnungsbau, entwickelt, was zu höheren Veräußerungserlösen führt. Diese Mittel werden zur Teilfinanzierung der neuen Feuer- und Rettungswachen eingesetzt. Im Übrigen refinanziert sich die Gesellschaft am Kapitalmarkt als 100% Tochter der Stadt zu deren (günstigen) Konditionen.

Die Feuerwehr zahlt an die Gesellschaft eine Kostenmiete, die sich aus der Abschreibung der Gebäude und den Fremdkapitalzinsen zusammensetzt. Damit tilgt die Gesellschaft die aufgenommenen Kredite und bildet einen Kapitalstock, der sie in die Lage versetzt, ohne weitere Belastung des städtischen Haushalts zum gegebenen Zeitpunkt die Feuer- und Rettungswachen zu erneuern. Damit ist die Infrastruktur der Feuerwehr in Frankfurt unabhängig  vom städtischen Haushalt geworden.

Dieses Modell findet mittlerweile Anerkennung und Beachtung in ganz Deutschland.

DSC_0174Nach dessen Implementierung wurde auch die organisatorische Struktur der Branddirektion angepasst. Es wurden zwei Direktionsbereiche gebildet, wobei die Leitung des Direktionsbereichs „Infrastruktur“ mir anvertraut wurde. Zu meinem Aufgabenbereich gehören 3 Abteilungen, von denen sich die erste mit der Beschaffung und Instandsetzung von Fahrzeugen, feuerwehrtechnischem Gerät und persönlicher Schutzausrüstung beschäftigt. Ihr sind auch die Fahrzeugwerkstatt und verschiedene Prüfeinrichtungen für technisches Gerät zugeordnet.

Zur zweiten Abteilung gehören die vertraglichen und juristischen Angelegenheiten, das Vergabewesen, der komplette Personalservice, das Finanzwesen und der Träger des Rettungsdienstes, der sich um die Notfallrettung in Frankfurt kümmert.

Die dritte Abteilung kümmert sich um die vollständige Informations- und Kommunikationstechnik der Feuerwehr, die wegen der besonderen Anforderungen insbesondere im Hinblick auf Ausfallsicherheit weitgehend autark und unabhängig von den übrigen städtischen Einrichtungen betrieben werden muss.

Bis heute obliegt mir die Leitung dieses Direktionsbereichs als stellvertretender Amtsleiter der Branddirektion im Range eines Leitenden Magistratsdirektors.